Keine Angst vor Negativen!

Zum gestern geposteten Hinweis auf den Beitrag von Nora Mathys („Welche Fotografien sind erhaltenswert?“) noch folgende Überlegungen:

Die Autorin skizziert die Kriterien für die Kassation am Beispiel der Fotosammlung Hans Tschirren (1911-1991).
Das wissenschaftliche Vorgehen, mit dem die Kriterien für eine Kassation festgelegt wurden, ist nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, stutzig gemacht haben mich nur die folgenden beiden Passagen:

[…]
Aus der unterschiedlich sorgfältigen Beschriftung der Negative und Positive wird deutlich, dass Tschirren wie die meisten Fotografen seiner Zeit das Negativarchiv als „Originalarchiv“ betrachtete und die Abzüge als Arbeits- und Präsentationsmaterial verwendete.
[…]
Der Negativbestand lieferte durch die präziseren Angaben zu den Aufnahmen mehr Kontextinformationen zur Entstehung und Verwendung als der Bestand der Abzüge. Die Erhaltung der Negative ist jedoch aus konservatorischer Sicht aufwendiger und kostspieliger als jene der Abzüge. Deshalb wurde die Selektion und Kassation trotz der größeren Bedeutung der Negative vor allem im Negativbestand durchgeführt.

Ähnliche Äußerungen sind mir während meiner Recherche nach Bilder in einem Stadtarchiv auch schon unter gekommen. Die Argumentation mit den Kosten und Schwierigkeiten der Handhabung von Negativen, möchte ich nur ungern unkommentiert stehen lassen. Negative sind – sobald es sich um Rollfilme handelt – erst einmal platzsparend.

In reinen Bildarchiven werden teilweise sogar noch die Zweitbelichtungen aufgehoben, die ohne Probleme entsorgt werden könnten. Alternativen sehe ich darin, Negative – wo möglich – komplett zu Archvieren und die Erfassung und Digitalisierung auf eine knappe Auswahl zu beschränken. Dieses Verfahren findet durchaus in Bildarchiven Anwendung.

Für meinen Geschmack hat das Thema der Kassation von Bildbeständen noch keine befriedigende Antwort gefunden.