Georges Didi-Huberman: Bilder trotz allem

Der Holocaust fand in der physischen Vernichtung der Juden keineswegs ein Ende; er zielte ebenso darauf, ihnen mit dem Leben auch die Erinnerung an ihre Vernichtung zu nehmen. Das unautorisierte Fotografieren war deshalb in den Konzentrationslagern verboten.

Zwar richteten die Lagerkommandeure Fotolabore ein, doch standen diese unter strenger Aufsicht. 1944 gelang es dennoch einer Gruppe von Häftlingen, die zum Sonderkommando des Krematoriums und der Gaskammer V gehörten, vier Fotos von Vernichtungsprozessen in Auschwitz-Birkenau aufzunehmen. Die vom polnischen Widerstand eingeschmuggelte Kamera erreichte einen Griechen namens Alex. Dieser fotografierte einen der Verbrennungsgräben und später Frauen auf dem Weg in die Gaskammern. Während er auslöste, beobachteten die anderen die Kapos und SS-Wachposten. Sie riskierten damit ihr Leben, um Bilder des Nichtdarstellbaren herzustellen. Die Filmrolle wurde ein paar Tage später aus dem Lager geschmuggelt und zum Krakauer Widerstand gebracht. Beigefügt war dem Film eine Beschreibung, was zu sehen sein sollte.

Für den französischen Kunsthistoriker und Philosophen Georges Didi-Huberman sind diese Fotos unersetzliche Überreste des Holocaust. In seinem nun auf Deutsch erschienenen Buch „Bilder trotz allem“ erkennt er in ihnen „Fetzen“ der Wirklichkeit, die der Erfahrung der Opfer entrissen wurden. Sein Ziel ist es, den Entstehungsmoment durch eine sorgfältige Analyse der Bilder offenzulegen und dies mit der Frage der (Un-)Vorstellbarkeit von Auschwitz zu verknüpfen.

Eine umfangreiche Rezension von Ute Wrocklage ist auf http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-2-134 nachzulesen.

Didi-Huberman, Georges: Bilder trotz allem. Aus dem Französischen von Peter Geimer (= Bild und Text). München: Wilhelm Fink Verlag 2007. ISBN 978-3-7705-4020-4; 260 S., 30 SW-Abb.; EUR 29,90.