Fotonachlässe im Staatsarchiv Freiburg
Ein Hinweis in Archivalia:
Ein sehr lesenswerter Vortrag von Kurt Hochstuhl zur Vermarktung von Fotonachlässen (S. 18ff):
Der Autor berichtet über die positve Erfahrungen mit Fotosammlungen im Staatsarchiv Freiburg mit den Nachlässen von Willy Pragher und Sepp (Joseph) Allgeier. Vor allem der Nachlass Praghers hat bereits in der Vergangenheit einige Aufmerksamkeit erfahren.
Praghers Sammlung, die 1993 in das Archiv gelangte, umfasst rund 1 Millionen Bilder. Der freiberuflicher Fotograf war seit 1932 als in der Landeshauptstadt Berlin tätig, hat aber auch im Ausland fotografiert. In der Zeit des Zweiten Weltkrieges, als er als Werbegrafiker in Rumänien arbeitete, entstanden allein 10.000 landeskundliche Aufnahmen zu Rumänien. Seit 1949 war Pragher in Freiburg als Fotograf tätig, wo er 1992 verstorben ist.
Der Nachlass von Sepp (Joseph) Allgeier, einem der Pioniere des Berg- und Sportfilms – Allgeier arbeitete u.a. zusammen mit Riefenstahl – umfasst ca. 4.840 Aufnahmen, die komplett digitalisiert wurden. Allgeier verstarb 1968 in Freiburg.
Die von Hochstuhl erwähnten Vermarktungsstrategien sind in ihrer Zusammenwirken durchaus logisch: Buchprojekte, das Internet sowie eine Ausstellung.
Was die Bereitstellung digitaler Bilder angeht, hat das Archiv im Fall des Pragher-Bestandes die Kooperation mit einer kommerziellen Bildagentur gesucht, doch steht diese Zusammenarbeit behördlicherseits auf dem Prüfstand.
Bislang sind nur die als Appetizer eingestellten Fotografien online verfügbar, die aber nur einen Bruchteil des Gesamtbestandes darstellen, themenbezogen sind das:
Baden-Würtemberg: gesamt 400.000 – eingestellt 50
Berlin 20er und 30er Jahre: gesamt 15.000 – eingestellt 20
Nationalsozialismus: gesamt 5.000 – eingestellt 16
Fotoreisen: gesamt 400.000 – eingestellt 15
Die Kooperation mit einem kommerziellen Anbieter ist sicherlich ein denkbarer Weg, Bilder im Web verfügbar zu machen. Den rechtlichen Rahmen sowie die Bemessung von Kostenaufwand und zu teilendem Profit, kann ich aus meiner Warte nicht beurteilen, doch stellt sich das Problem aus Nutzersicht folgendermaßen:
Kommerzielle Bildbarchive machen die Zusammensetzung ihrer Sammlung erfahrungsgemäß wenig transparent. Sie bedienen Kunden, die in der Regel mit sehr konkreten Suchanfragen kommen. Diese suchen nach konkreten Motiven und sind weniger an Sammlungszusammenhängen interessiert. Kommerzielle Anbieter richten sich an Kunden, die Bilder zu Illustrationszwecken suchen. Die Zusammensetzung ihrer historischen Teilarchive machen sie nach außen kaum sichtbar. Eine Zusammenfassung welche historischen Sammlung in den Bildpools von Getty und Corbis aufgegangen sind, wird man dort vergeblich suchen und das ist auch bei kleineren Bildagenturen oft nicht anders. Ein öffentliches Archiv definiert sich dagegen gewissermaßen aus der Summe seiner Teilsammlungen.
Vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrung mit der Aufarbeitung eines Fotonachlasses habe ich das bestehende Webangebot des Pragher-Archivs durchgesehen:
Aus meiner Sicht ist die Integration von Fotosammlungen in das Informationsangebot klassischer Archive ein grundsätzliches Problem, indem der Nutzer möglichst erst über die Findbücher geschickt wird. Tatsächlich kann ein nichtwissenschaftlicher Nutzer oder einer mit wenig Vorwissen kaum erkennen, was sich thematisch hinter einem Bestandsnamen verbirgt und in welchen Teilbeständen überhaupt Bilder zu finden sind.
Dabei sind die Bestandslisten im Webangebot des Landesarchvis Baden-Württemberg keineswegs einheitlich. Die Bestandsübersicht des Staatsarchivs Freiburg enthält den Eintrag „W134 Sammlung Willy Pragher I“, weitere Teilsammlungen dieses Bestandes sind nicht gelistet, sie können aber über die „Übergreifende Suche“ recherchiert werden, ein Zustand, der für den Benutzer wenig transparent ist.
Für die Suche im Pragher-Bildbestand stehen dem Benutzer alphabetische Listen für Personen, Sachthemen und Orte, aber auch eine Freitextsuche zur Verfügung, so dass recht differenziert gesucht werden kann. Aus einzelnen Treffern der verschieden Suchen kommend, kann immer wieder in die Strukturansicht (verwandter Aufnahmen) gewechselt werden, auch wenn man etwa per Freitextsuche recherchiert hat, eine Möglichkeit, die sehr schön den Zusammenhang einer einzelnen Aufnahme zum Teilbestand deutlich werden lässt.
In der Art wie Suchergebnisse dargestellt werden, zeigt sich einmal mehr der Gegensatz zwischen kommerziellen Bildarchiven und klassischen Archiven. Während erstere auf ein visuelle Orientierung des Nutzers zielen, zeigen die Treffer im Pragher-Bildbestand erst einmal die Metadaten, bevor der Nutzer auch zum Bild findet. Man kann sich eben manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass Archive ihr Bildmaterial etwas stiefmütterlich behandeln.
In puncto Transparenz lässt die Menüstruktur etwas zu wünschen übrig. Inhaltliche Seiten wie etwa der Lebenslauf des Fotografen werden hinter wenig aussagekräftigen Menüpunkten wie „Übersicht“ versteckt.
Die Chance einer Website mit Datenbankanbindung besteht sicherlich darin, einen Bildbestand der Öffentlichkeit stärker zugänglich zu machen. Das könnte im Freiburger Fall noch etwas besser gelingen, wenn das Datenbankangebot enger mit redaktionellen Seiten verbunden wäre, etwa weiteren Informationen zu Praghers Fotoreisen und einzelnen Werkgruppen innerhalb des Bestandes. Solche Seiten machen das Angebot nicht nur benutzerfreundlicher sondern überhaupt besser auffindbar. Die Seite wird von Suchmaschinen vielfältiger indiziert und damit unter inhaltlichen Gesichtspunkten besser auffindbar.
Diese Kritik soll die Qualität dieses Angebots insgesamt nicht in Zweifel ziehen. Es wäre zu wünschen, dass mehr Archive so offensiv mit ihren Bildbeständen an die Öffentlichkeit gehen.