Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien 1943 – 1945

Internationale Tagung des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, gefördert durch den
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM)

Donnerstag, 6. Mai – Samstag, 8. Mai 2010

Tagungsseite mit Programm

Nach der Landung der Alliierten auf Sizilien im Juli 1943 und der Amtsenthebung Mussolinis besetzten deutsche Truppen Italien und installierten einen Generalbevollmächtigten des Deutschen Reiches sowie das Regime der Repubblica Sociale Italiana. Wie schon zuvor im besetzten Frankreich wurde gemäß der Haager Landkriegsordnung, einer internationalen Konvention von 1899 bzw. 1907, im Rahmen der deutschen Militärverwaltung im Herbst 1943 auch in Italien eine Abteilung für „Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz“ eingerichtet.

Die Tagung beschäftigt sich mit den Voraussetzungen, speziellen Bedingungen und der Durchführung des „Kunstschutzes“ in Italien. In den Dienststellen Rom und Florenz, später Mailand und zuletzt Fasano del Garda, arbeiteten namhafte deutsche Kunsthistoriker hauptamtlich oder ehrenamtlich für die „Abteilung Kunstschutz“, darunter Hans Gerhard Evers, Werner Haftmann, Ludwig Heinrich Heydenreich, Leo Bruhns, Otto Lehmann-Brockhaus, Leopold Reidemeister und Herbert Siebenhüner. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehörte vor allem die Erfassung schützenswerter Bauwerke, die Beratung der italienischen Behörden bei Sicherungsmaßnahmen teilzerstörter Bauten, die Errichtung von Schutzbauten sowie die Organisation der Auslagerung beweglicher Kunstgegenstände in Depots. In diesem Zusammenhang wurden auch Verbote für die Belegung von Gebäuden durch eigene Truppen ausgesprochen.

Im Verlauf des Jahres 1944 rückte die fotografische Dokumentation der durch alliierte Luftangriffe verursachten Schäden an Kulturdenkmälern in den Vordergrund der Aktivitäten. Diese Wendung zur Kulturpropaganda veranschaulicht ein in der Photothek des ZI erhaltenes Konvolut von rund 1500 Fotografien, das als das vom „Kunstschutz“ angelegte „Fotoarchiv zerstörter Kunstwerke“ identifiziert werden konnte. Eine Ausstellung mit exemplarischen Aufnahmen wird am 6. Mai eröffnet.

Die Fachtagung will die internationalen Forschungen zum „Kunstschutz“ in Italien bündeln, über aktuelle Arbeitsvorhaben informieren und Desiderate benennen. Sie fragt dabei auch nach den Grenzen kunsthistorischer und denkmalpflegerischer Tätigkeit im Krieg und nach dem Verhältnis von Kunstgeschichte und (Kultur-)Propaganda aus Sicht der Deutschen, Italiener, Briten und Amerikaner.

Programm

Donnerstag, 6. Mai 2010

  • Begrüßung
    (Generalkonsul Adriano Chiodi Cianfarani, Consolato Generale d’Italia a Monaco di Baviera, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, Ministerialdirigent Toni Schmid, Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst)
  • Ruggero Ranieri, Uguccione Ranieri di Sorbello Foundation, Perugia
    The Allies and the Protection of Cultural Heritage in Italy during the Second World War
  • Christian Fuhrmeister, ZI
    Der Deutsche Militärische Kunstschutz in Italien – Forschungsstand, Fragen, Desiderate
  • Elena Franchi, Laboratorio di Arti Visive – Scuola Normale Superiore di Pisa
    Trust and suspicion: the difficult relationship between the Repubblica Sociale Italiana and the Kunstschutz. Some controversial events
  • Kommentar: Carlo Gentile, Universität Köln
  • Abendvortrag
    Lutz Klinkhammer, Deutsches Historisches Institut, Rom
    Raub oder Schutz? Der italienische Kunstbesitz und die Aktivitäten deutscher Dienststellen im besetzten Italien 1943-1945
  • Stephan Klingen, ZI
    Eröffnung der Ausstellung im Lichthof Nord: Dokumentation und Propaganda im Fotoarchiv des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien 1943-1945

Freitag, 7. Mai 2010

  • Kai Kappel, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Wege zum Kunstschutz? Die Bildsprache der deutschen Ruinenfotografie
  • Ralf Peters, ZI
    Die Jagd nach dem Foto – Das Bildarchiv des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien
  • Regine Schallert, Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte), Rom
    Sonderführer Hans Werner Schmidt
  • Carlotta Coccoli, Università di Brescia
    The Italian Monuments and War: Preventative protection, first aid and repairs. The role of the Monuments, Fine Arts and Archives Subcommission in Italy during the Second World War
  • Kommentar: Rolf Sachsse, Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken
  • Alessandra Ciangherotti, British School, Rom
  • The J.B. Ward-Perkins photographic collection: the War Damage Series. An overview
  • Costanza Caraffa, Alessandro Nova, Gerhard Wolf, Kunsthistorisches Institut in Florenz – Max-Planck-Institut
    Der „Kunstschutz“ und das Kunsthistorische Institut in Florenz
  • Michael Wedekind, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
    Nationalsozialistische Kulturpolitik in den Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“ 1943 – 1945
  • Nigel Pollard, Swansea University
    War damage to monuments and works of art of the Greco-Roman period in Italy
  • Kommentar: Christina Kott, Institut d’histoire du temps présent, Paris
  • Abendvortrag
    Lucia Allais, Princeton University
    “How to miss cultural sites” – The American Protection of European Monuments from Aerial Bombing during World War II: the Case of Italy

Samstag, 8. Mai 2010

  • Cecilia Ghibaudi, Pinacoteca di Brera, Milano
    1943-1945: La Pinacoteca di Brera a Milano e la seconda guerra mondiale
  • Martin Moll, Karl-Franzens-Universität Graz
    Bildpropaganda der Wehrmacht
  • Kommentar: Thomas Hensel, Universität Siegen
  • Abschlussdiskussion:
    Elena Franchi, Laboratorio di Arti Visive – SNS Pisa
    Rainer Volk, Bayerischer Rundfunk
    Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung
    Kerstin von Lingen, Universität Heidelberg
    Lutz Klinkhammer, Deutsches Historisches Institut, Rom